In diesem aufschlussreichen Interview gibt Yann Neuhaus, eine Schlüsselfigur der Sequotech-Gruppe, interessante Einblicke in die strategischen Aspekte ihres M&A-Ansatzes (Mergers and Acquisitions) sowie in die Anpassung an sich verändernde Markttrends.
Es werden die strategischen Entscheidungen des Unternehmens beleuchtet und die Bedeutung von proaktivem Networking und Lernen in der dynamischen Welt der Informationstechnologie betont. Das Interview trägt dazu bei, die Komplexität der Unternehmensentwicklung, die Anpassung an Marktveränderungen und die Prinzipien und Methoden, die einen Branchenführer leiten, besser zu verstehen.
Einleitung
Kannst du dich kurz unseren Lesern vorstellen, die dich vielleicht noch nicht kennen, und über deine Rolle sprechen?
Natürlich. Ich bin einer der vier Gründer von dbi services und meine Karriere war immer im IT-Bereich verankert. Ich habe es bescheiden geschafft, die anderen davon zu überzeugen, sich auf dieses Abenteuer einzulassen, obwohl das nicht sehr schwierig war, angesichts unserer gemeinsamen Denkweise (lacht). Ich begann als IT-Ingenieur, nicht als Manager oder Direktor, was auch auf die ersten neun Personen bei dbi services zutraf. Wir waren alle Berater.
Zwischen 1999 und 2010 war meine Karriere geprägt von der Leitung von IT-Projekten bei Trivadis. Das war nicht nur eine technische Rolle, sondern auch eine Gelegenheit, sich in Projektakquise zu vertiefen und natürlich Fähigkeiten im Management und in der Organisation zu entwickeln.
Die Erleuchtung kam während einer Schulung an der EM-Strasbourg im Jahr 2009, wo ich Pierre-Yves Bréhier traf, der heute noch Head of Sales bei dbi services ist. Diese Begegnung war ein wahrer Katalysator. Diese Zeit war entscheidend, um die Machbarkeit eines Projekts wie dbi services zu verstehen, basierend auf Verbesserungsideen, die während meiner Zeit bei Trivadis entstanden waren.
So kam alles zusammen. Ich übernahm die Rolle des CEO, geleitet von den sich bietenden Möglichkeiten und einem wachsenden Vertrauen in unsere Fähigkeit, gemeinsam ein grosses unternehmerisches Projekt zu leiten.
M&A-Strategie
Wie würdest du die aktuelle M&A-Strategie der Sequotech beschreiben?
Unsere M&A-Strategie besteht hauptsächlich darin, Unternehmen zu identifizieren, die effizient und leistungsfähig sind, aber noch nicht die „kritische Grösse“ erreicht haben, die für eine grössere Wirkung in der Branche erforderlich ist. Die Integration dieser Unternehmen in unsere Gruppe zielt darauf ab, unser Dienstleistungsportfolio zu bereichern und die Gesamtposition von Sequotech zu stärken. Diese Integration fördert eine Synergie, bei der sich beide Seiten, die Gruppe und die Mitgliedsunternehmen, gegenseitig stärken und so einen Kreislauf des Wachstums bilden.
Um unseren Ansatz zu detaillieren, konzentrieren wir uns auf zwei Hauptachsen. Die erste ist das „Cross- und Upselling“. „Cross-Selling“ beinhaltet die Entwicklung komplementärer Produkte und/oder Dienstleistungen für unsere aktuellen Kunden, während „Upselling“ darauf abzielt, ihnen höherwertige oder fortschrittlichere Versionen unserer Fachgebiete anzubieten. Ein konkretes Beispiel ist unser Projekt 2024 in der Romandie, dass das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen dbi services und UDITIS ist. Diese Strategie ermöglicht es, den Wert unserer bestehenden Kundenbeziehungen zu optimieren, indem wir ein breiteres und anspruchsvolleres Spektrum an Dienstleistungen anbieten.
Die zweite Achse ist die „Ressourcenerweiterung“. Wir legen grossen Wert auf interne Ausbildung, eine Initiative, die sich bereits als effektiv erwiesen hat. Zum Beispiel haben wir Ingenieure von Exxo und UDITIS ausgebildet, und dieser Prozess setzt sich fort. Insbesondere haben wir spezialisierte Schulungen für SQL-Server-Experten durch dbi services organisiert. Dies zeigt unser Engagement, in die Entwicklung der Fähigkeiten und Expertise unserer Teams zu investieren.
Diese beiden strategischen Achsen illustrieren unseren Willen, unseren Einfluss auszuweiten und gleichzeitig interne Kompetenzen zu stärken, Schlüsselelemente, um ein nachhaltiges Wachstum und langfristigen Erfolg sicherzustellen.
Welche sind die Hauptkriterien, die du bei der Bewertung einer potenziellen Akquisition in Betracht ziehst?
Bei der Betrachtung eines neuen Partners für eine Akquisition legen wir den Schwerpunkt auf mehrere Schlüsselaspekte, während wir versuchen, eine Beziehung aufzubauen, die auf gegenseitigem Respekt und gemeinsamen Vorteilen basiert:
- Wirtschaftliche Stabilität und Management-Engagement: Es ist wesentlich, dass der potenzielle Partner wirtschaftliche Solidität zeigt. Eine gesunde finanzielle Führung ist ein Zeichen für Stabilität und langfristige Lebensfähigkeit. Ebenso sind Engagement und Vision des Managements des Partners entscheidend, da sie direkt die Motivation und das Wohlbefinden der Teams beeinflussen.
- Exzellenz und Wachstumsbestrebungen: Wir suchen nach Unternehmen, die in ihrem Bereich und ihrer geografischen Zone hervorragend sind und die von einem Wunsch nach Wachstum und Entwicklung angetrieben werden. Das bedeutet, dass sie bereit sind, neue Chancen zu ergreifen und sich innerhalb unserer Gruppe zu entwickeln.
- Synergie der Technologien und Dienstleistungen: Es ist wichtig, dass die Technologien und Dienstleistungen des Partners ergänzend zu unseren sind, um unser Angebot zu bereichern, ohne in die bestehenden Aktivitäten einzugreifen. Dies ermöglicht eine harmonische Integration und einen Mehrwert für alle Einheiten.
Schliesslich ist es wichtig zu beachten, dass die Dauer der rechtlichen Verfahren bei Fusionen und Übernahmen (M&A) ungefähr gleich ist, ob man sich mit einem kleinen oder einem grossen Unternehmen zusammenschliesst. Mit anderen Worten, die in diese Verfahren investierte Zeit bleibt erheblich, unabhängig von der Grösse des in Betracht gezogenen Partnerunternehmens.
Wie integriert sich die M&A-Strategie in die Gesamtvision der Gruppe?
Unsere M&A-Strategie ist ein zentraler Bestandteil der Gesamtvision und basiert auf zwei grundlegenden Säulen:
- Strategische Ausrichtung: Wir zielen darauf ab, Integratoren zu erwerben, die komplementäre Technologien oder bereits bei den Mitgliedsunternehmen der Gruppe vorhandene Technologien anbieten, insbesondere in den Bereichen Infrastruktur und Datenplattformen. Dies ermöglicht es, unser IT-Dienstleistungsportfolio zu diversifizieren und zu bereichern, während wir im Einklang mit unserer Vision der Expansion und der Stärkung unseres Angebots bleiben.
- Chancen und Wertausrichtung: Auf dem Feld glaube ich fest daran, dass sich ergebende Chancen entscheidend sind. Wir suchen nach einer Zusammenarbeit mit Unternehmen, deren Denkweise und Werte mit den unseren übereinstimmen. Das Ziel ist es, harmonisch und produktiv zusammenzuarbeiten und die sich bietenden Gelegenheiten zu ergreifen.
Das Ziel unseres Ansatzes ist es, das Dienstleistungsportfolio von Sequotech zu konsolidieren und zu stärken. Was die geografischen Bereiche betrifft, die wir anvisieren, konzentrieren wir uns hauptsächlich auf Unternehmen in der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz). Diese geografische Fokussierung ist strategisch und zielt darauf ab, unsere Präsenz und Expertise in Schlüsselmärkten zu stärken.
Projekte
Welche sind derzeit die wichtigsten Projekte?
Derzeit konzentrieren wir uns auf mehrere Schlüsselinitiativen. Wir spielen eine aktive Rolle in der digitalen Transformation unserer Kunden, mit Schwerpunkt auf Cloud-Lösungen und der Modernisierung von Anwendungen, insbesondere durch Container und den DevOps-Ansatz. Der YaK, ein von dbi services entwickeltes Produkt, ist speziell dafür konzipiert, unsere Kunden in dieser Transformation zu unterstützen. Er war ein Schlüsselelement bei der Unterstützung eines grossen lokalen institutionellen Kunden.
Parallel dazu organisieren wir die Data Community Conference in Zusammenarbeit mit unserer Marketing Managerin Florence Porret und ihrem Team. Diese Konferenz strebt danach, ein bedeutender Anlass in der Schweiz für IT-Profis zu werden.
Wir arbeiten derzeit daran, Funktionen und Technologien von UDITIS und Exxo in den YaK zu integrieren. Dieser Schritt zielt darauf ab, ihn zu bereichern, indem wir so die Palette unserer Dienstleistungen erweitern. Parallel dazu läuft ein bedeutendes Modernisierungsprojekt von Anwendungen für unsere Kunden in der Romandie. Dieses Projekt ist besonders ehrgeizig und erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen UDITIS und dbi services, um unsere Expertisen zu kombinieren und optimale, angepasste Lösungen zu bieten.
Darüber hinaus setzen wir aktiv eine Cross-/Upselling-Strategie in Zürich um. In dieser Region spielen die Vertriebsteams von dbi services eine Schlüsselrolle, indem sie die Angebote von Exxo hervorheben. Dieser Ansatz zielt darauf ab, die kommerziellen Synergien zwischen den verschiedenen Einheiten der Gruppe zu maximieren.
Intern legen wir grossen Wert auf die Harmonisierung unserer Trainingsprogramme. Wir stellen sicher, dass diese Schulungen allen unseren Mitarbeitern zugänglich sind, unabhängig von ihrem Unternehmen, und fördern so einen Wissensaustausch und eine einheitliche Lernkultur im gesamten Konzern.
Ein konkretes Beispiel für unseren Teamgeist ist die Einladung von Kollegen von Exxo durch die dbi services Niederlassung Zürich, um gemeinsam das Jahresende zu feiern. Obwohl dies einfach erscheinen mag, ist es eine wertvolle Initiative, die die Bindungen und den Zusammenhalt zwischen unseren Teams stärkt.
Wir sind auch zufrieden mit der Geschwindigkeit und der Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe. Stefan Dettwiler, CEO von Exxo, spielt eine wesentliche Rolle in dieser Dynamik. Sein Beitrag ist bedeutend für die Entwicklung der Gruppe, insbesondere in der Region Zürich, was unseren Teamgeist unterstreicht.
Welche Herausforderungen steht die Gruppe bei der Umsetzung dieser Projekte gegenüber?
Die erste Herausforderung besteht darin, die richtigen Ressourcen für unsere Projekte zu finden. Es geht nicht nur darum, kompetente Talente zu gewinnen, sondern sie auch effektiv auf die spezifischen Bedürfnisse jedes Projekts abzustimmen. Dies erfordert einen rigorosen Auswahl- und Schulungsprozess, um sicherzustellen, dass wir die besten Fähigkeiten für jede Initiative verfügbar haben.
Zweitens würden wir gerne eine Zunahme an bereichsübergreifenden Projekten innerhalb der Gruppe sehen. Dies bedeutet, eine grössere Zusammenarbeit und Kompetenzteilung zwischen den verschiedenen Einheiten zu fördern. Ich glaube fest daran, dass dies Innovation und Kreativität stimulieren kann, während es unseren Kunden umfassendere Lösungen bietet.
Schliesslich ist eine der grössten Herausforderungen für Sequotech, effektiv auf wichtige Ausschreibungen für Grosskunden zu reagieren. Diese Ausschreibungen beinhalten komplexe Projekte mit spezifischen Anforderungen und einem hohen Expertise Niveau. Unser Ziel ist es, diese Herausforderungen zu meistern, indem wir wettbewerbsfähige Vorschläge präsentieren. Gleichzeitig möchten wir unsere Ressourcen so ausrichten, damit die Bedürfnisse dieser Kunden optimal erfüllt sind. Und nicht zuletzt setzen wir uns dafür ein, eine herausragende Qualität sowie Kundenzufriedenheit aufrechtzuerhalten.
Vision und Perspektiven
Wo siehst du die Gruppe in den nächsten fünf Jahren, insbesondere in Bezug auf Wachstum und Expansion?
Zunächst haben wir uns entschieden, eine strategische Partnerschaft mit Verium, einem "Family Office"-Investor, zu bilden. Diese Wahl ist wichtig, da sie Sequotech eine grössere Flexibilität im Vergleich zu traditionellen Investitionsmodellen bietet. Normalerweise, wenn ein Unternehmen mit Private-Equity-Fonds zusammenarbeitet, kann es unter Druck geraten, schnelle finanzielle Renditen zu generieren, in der Regel innerhalb von drei bis fünf Jahren. Dies kann manchmal dazu führen, dass man sich auf kurzfristige Gewinne statt auf langfristiges Wachstum konzentriert. Unsere Partnerschaft mit Verium ist anders. Sie setzt uns keine strikte Frist für die Erzielung einer Rendite oder für die Vorbereitung eines „Exits“ (wie einen Unternehmensverkauf oder einen Börsengang). Diese Flexibilität ermöglicht es uns, uns auf eine langfristigere strategische Entwicklung zu konzentrieren, indem wir in unsere Angebote, unsere Expansion und unsere Infrastruktur investieren, ohne durch vorgegebene Fristen eingeschränkt zu sein.
Weiterhin planen wir, dass die Sequotech-Gruppe innerhalb von drei bis vier Jahren eine breite Palette von IT-Bedürfnissen unserer Kunden abdeckt und einen Umsatz von nahezu 100 Millionen CHF erreicht. Das Ziel ist, sicherzustellen, dass die Gruppe profitabel bleibt, während sie wächst. Das bedeutet, dass wir unsere Expansion mit der Notwendigkeit einer guten finanziellen Gesundheit ausbalancieren müssen, um sicherzustellen, dass unser Wachstum nachhaltig und vorteilhaft ist.
Zusammenfassend kombiniert unsere Vision für die kommenden Jahre eine intelligente strategische Partnerschaft mit sorgfältiger Planung, um ein nachhaltiges und profitables Wachstum zu gewährleisten. Wir streben danach, unser Dienstleistungsportfolio zu erweitern, während wir unseren Grundsätzen der strategischen Entwicklung und der Rentabilität jeder Einheit in der Gruppe treu bleiben.
Wie beurteilst du die aktuellen Markttrends, und welche Massnahmen würdest du vorschlagen, damit die Gruppe entsprechend darauf reagieren kann?
Einer unserer grössten Vorteile ist die Kultur des Wissensaustauschs, die in den drei Mitgliedsunternehmen der Gruppe verankert ist. Dieser Wille zum Teilen von Wissen und Erfahrungen zeigt sich in Initiativen wie der Data Community Conference, die es uns ermöglicht, in Kontakt mit unserer Community zu bleiben und bereichernde Diskussionen über Probleme in unserem Sektor zu führen.
Die Mitarbeiter unserer Mitgliedsunternehmen sind stark in der kontinuierlichen Weiterbildung engagiert. Sie beteiligen sich aktiv an der Gestaltung interner Veranstaltungen, Workshops und konstruktiven Austauschen, die auf die Schaffung eines Mehrwerts für unsere Kunden ausgerichtet sind.
Die Investition in Forschung und fortschrittliche Technologien ist entscheidend für unsere Strategie, um die Führungsrolle in unseren Fachgebieten zu behalten. Dies wird durch die Entwicklung innovativer Produkte wie dem YaK von dbi services und der ATA-Plattform von UDITIS veranschaulicht. Letztere stellt eine bahnbrechende Innovation in der Digitalisierung von Zollprozessen dar, indem sie das traditionelle Carnet ATA in eine effiziente und sichere mobile Anwendung verwandelt, die die Verfahren für temporären Export und Import vereinfacht. Dieses Beispiel zeigt unser Engagement für Innovation und unsere Fähigkeit, wirkungsvolle technologische Lösungen zu entwickeln.
Ratschläge und abschliessende Gedanken
Gibt es Lektionen oder Erfahrungen, die deine Herangehensweise an die M&A-Strategie besonders geprägt haben?
Mein beruflicher Werdegang war geprägt von mehreren Erfahrungen und Lektionen, die meinen Ansatz in M&A und Business Development geformt haben. Ein wesentlicher Bestandteil ist die Bedeutung von Netzwerken. Das Engagement in verschiedenen beruflichen Gemeinschaften, die Teilnahme an Schulungen und Veranstaltungen und die aktive Interaktion im Feld haben sich als entscheidend erwiesen, um unser Wissen zu bereichern und unser Netzwerk zu erweitern. Tatsächlich entstand die Idee von dbi services durch solche Interaktionen.
Fortlaufende Bildung ist ebenfalls ein Kern unserer Philosophie. Derzeit absolviere ich ein Weiterbildungsprogramm in Betriebswirtschaft, das wertvolle Einblicke in die Verbindung zwischen Geschäftsführung und Vorstand bietet. Diese Ausbildung hilft mir, die richtige Positionierung als Vorstandsmitglied der Gruppe zu verstehen, mit dem Rückblick auf meine Erfahrung als Geschäftsführer.
Darüber hinaus hat die Erfahrung gezeigt, dass sich Chancen oft durch proaktives Handeln ergeben. Initiative und Engagement sind Erfolgsmotoren: Passiv zu bleiben führt in der Regel zu keinem greifbaren Ergebnis, man muss das Büro verlassen und Netzwerken! Diese Überzeugung leitet unseren Geschäftsansatz, indem sie eine aktive Suche nach Möglichkeiten und die Vorbereitung darauf fördert, günstige Gelegenheiten zu ergreifen.
Diese Prinzipien sind zentral in unserer Art, Fusionen und Übernahmen zu führen und unsere Geschäftsstrategie zu gestalten, mit einem Fokus auf Austausch, Lernen und Proaktivität.